Montag, 17. Februar 2020

Base Aerea de Beja - deutsch-portugiesische Militärverträge


Foto: Bejatreff  Blog

Die deutsche Luftwaffenbasis nahe der Stadt Beja war zunächst ein Traum von Franz-Josef Strauss. Strauss wollte ursprünglich einen deutschen Militär-Stützpunkt in Spanien haben, die Pläne dafür waren auch schon kurz vor ihrer Verwirklichung, als ein Artikel der New York Times dies Projekt  zum Titelthema machte - die unwillkürlichen Assoziationen an die noch nicht lange zurückliegende Waffenfreundschaft der faschistischen Regime in Spanien und Deuschland und die Erinnerungen an die Bomben der Legion Condor machten dies Projekt unmöglich..

Warum überhaupt eine Basis auf der Iberischen Halbinsel? Die fixe Idee dahinter war einfach: Die Russen kommen. Sie bleiben nicht am "eisernen Vorhang" stehen, sondern besetzen das freie Westdeutschland. Und die Westdeutschen müssen dann von weit außerhalb der Reichweite der sowjetischen Raketen, damals 2000 km, die Wiedereroberung organisieren. Das klingt für den heutigen Blick irgendwie unglaublich, aber - damals wurde noch nicht so kurzfristig gedacht wie heute, da gab es noch echte Jahrhundersvisionen!

Schon bald bot sich diesem Plan eine Alternative zu Spanien: Das Salazar-Regime brauchte deutsche Militärhilfe für die Kriege in Afrika und war, anders als Franco-Spanien, als Partner anerkannt; Portugal war ja sogar Gründungs-mitglied der NATO. Hier gab es von den Alliierten kaum Gegenwind für die deutschen Pläne zu befürchten.

Und die Pläne waren gigantisch: Eine riesige Landebahn und Kasernen für mehrere Tausend Mann, Kasino, Wohnungen, ein neues Stadtviertel, zwei Kirchen, für jede Religion eine, Kindergärten, Schulen, ein Wäldchen (Deutsche brauchen Wald!), ein Fahrradweg (den ersten Portugals).
Parallele Planungen wurden für Häfen getroffen, und weitere Stützpunkte, für die gemeinsame deutsch-portugiesische Verträge ausgehandelt wurden.

Die Kulturschocks waren auf beiden Seiten immens: Hier eine bäuerliche Gesellschaft, deren Märkte Anfang der 60er noch ohne Kühlschränke auskamen, dort Frauen, die rauchen und auch in Kneipen gehen wollten. Es gab immense gegenseitige Vorbehalte, aber auch wechselseitiges Lernen, Beja wurde zur "Großstadt" (Paulo Barriga) - und die Deutschen lernten saudade. In den Siebzigern ging dieser besondere "Kulturaustausch" ohne Pause weiter, die größten NATO-Kritiker waren im Alentejo Bürgermeister geworden, aber sie ließen die Basis Beja bei ihrer Agitation außen vor, das waren schließlich keine Amis, nur Deutsche. Und sie brachten Arbeitsplätze.

Mit den fiktiven Figuren eines sehr eingebildeten blonden deutschen Leutnands und eines sehr naiven Dorfmädchens im Plot gibt es sogar einen Kriminalroman über jene Jahre im Alentejo: Clara Pinto Correia hat 1985 Adeus, princesa ("Auf Wiedersehen, Prinzessin") geschrieben.


Den "Bairro Alemao", das deutsche Viertel, kann man in Beja besichtigen. Es war nicht die ursprüngliche riesige Siedlung realisiert worden, aber eine kleinere Fassung des Projekts. Moderner Wohnungsbau mit vielen Freiflächen. Das Clubhaus steht noch. Auch das Wäldchen steht, und den Fahrradweg gibt es auch noch.
Und die 5000 m lange Landebahn taugt als einzige in Portugal auch für den großen Airbus!!

Bairro Alemao: WC-Damen - 2019


Die Deutsche Luftwaffe hat 1994, vor 25 Jahren, die Basis und Beja verlassen und nur den Horst in Incirlik/Türkei behalten. Ein Teil der Anlage gehört dem portugiesischen Militär, ein Teil sollte zivil genutzt werden. Seitdem träumt Beja von einem eigenen Flughafen. Und im Jahr 2018 starteten hier auch einige Billigflieger, die bei den sommerlichen Engpässen in Lissabon dort keine Starterlaubnis hatten. Aber der Alentejo ist für Lissabon weiter weg as die Rückseite des Mondes. Lieber wird am Stadtrand von Lissabon ein ganz neuer Flughafen mit allen umweltpolitischen Nachteilen gebaut, als dass die Nutzung einer längst vorhandenen Infrasttruktur bei Beja eine Chance bekäme.

Eventuell werden bald auch Arbeiten zur Renovierung einiger der Wohnungen im Bairro ausgeschrieben, denn die Fliegerausbildung der Portugiesischen Luftwaffe plant in Beja die Ausweisung von Wohnraum für die Flugschülern Ausbilder unf ihrer Familien. (Siehe: Diário do Alentejo, 26.04.2019)

Auch die ehemaligen Bundeswehr-Flieger, die Techniker und ihre Familien treffen sich weiter regelmäßig: Sie nennen sich "Bejaner" (im Gegensatz zu "Bejenser", wie die Einwohner von Beja korrekt heißen). In der Kaserne Köln-Wahn fand im September 2020 wieder das Bejatreff statt, ein Sardinen-Fest zur Erinnerung an die Zeit in Beja, mit 200 (!) Teilnehmerinnen und Teilnehmern und mit Rotwein, um die Sehnsucht zu begießen - para tapar a saudade, würden Portugiesen dazu sagen. Und das nächste wird für den 10.September 2020 vorbereitet  ... die Uhr läuft schon.

c Bejablog -  Foto von 1982