Samstag, 25. November 2017

Das Denkmal für den unbekannten politischen Gefangenen in Beja

Foto: André Boto (2007) für Postkartenserie ©ADP Beja

O Monumento ao Preso Politico Desconhecido em Beja



den Schriftstellern Ahmet und Mehmet Altan gewidmet
und den vielen unbekannten politischen Gefangenen in der Türkei.
 

Mein Liebling unter meinen Lieblingsskulpturen steht in Beja: O Monumento ao Preso Politico Desconhecido: Das "Denkmal für den unbekannten politischen Gefangenen" von Jorge Vieira.


Jorge Vieira wurde 1922 in Lissabon geboren. Seine Jugendzeit war in Portugal geprägt von einer großen Wertschätzung für Künstler, das Secretariado de Propaganda Nacional förderte mit Blick auf die Wahrnehmung Portugals im Ausland die einheimischen Künstler großzügig. Vieira kann Kurse bei Henry Moore an der Slade School of London  besuchen und beendete seine akademische Ausbildung schließlich an der Escola Superior de Belas Artes in Lissabon.

Jorge Vieira arbeitete vor allem mit den Materialien Eisen und Terracotta. Es gibt übermannshohe Werke von ihm, aber auch Miniaturen, Vorzeichnungen und auch eigenständige grafische Werke, die faszinieren. 

In den fünfziger Jahren erhält Vieira die "Ehrenhafte Nennung" ("menção honorosa") beim Wettbewerb zum Thema "Monument für einen unbekannten politischen Gefangenen"- Die prämierte Skulptur wird in der Tate Gallery ausgestellt und auch auf der Kunstbiennale in São Paulo. Danach verschwindet sie Skulptur aus der Öffentlichkeit.
Detail

1964 wird dem Künstler aus politischen Gründen die Erziehungserlaubnis entzogen. Vieira zieht in die Provinz und entdeckt den Alentejo.
Von dieser sehr ländlichen Region und seinen Menschen begeistert, vermacht Jorge Vieira schon zu seinen Lebzeiten sein Werk der Stadt Beja im unteren Alentejo, die, wie er selber sagte, "zweite Heimat" wurde.

Das Denkmal für den unbekannten politischen Gefangenen wird - endlich - 1994 in Beja öffentlich aufgestellt: Auf dem zentralen großen Verkehrsrondell am Stadteingang wird die Skulptur eingeweiht und begrüßt dort alle Besucher aus Lissabon und Évora.
Auf diesem Verkehrskreisel mußte Vieiras Skulptur mittlerweile einem grottenhäßliches Betonmöbel weichen, das der Airbase Beja gewidmet ist.

Jetzt steht das Denkmal auf dem Platz vor dem als Pousada genutzten ehemaligen Convento São Francisco.
.. immer wieder bedroht!
In der Rua do Touro 33 in der Altstadt von Beja befindet sich seit 1995 das sehr sehenswerte keine Museu Jorge Vieira, das vor allem seine Arbeiten in Terrakotta vereint.

Für die EXPO Lissabon 1998 hat Jorge Vieira noch einige witzige Figuren wie den Homem-Sol und Schattenmuster für den Parque de Naçoes entwerfen können, bevor er 1998 in Évora starb.

In der Casa dos Bicos, dem Haus für Leben und Werk des Schriftstellers José Saramago in Lissabon, ist eine besonders schöne Büste Vieiras von Saramago zu sehen.  Dieser Link zeigt den Portraitkopf, umarmt von Saramagos Lebensgefährtin, der Journalitin Pilar del Rio.

Im Alentejo stehen weitere öffentliche Werke: Monumento à Liberdade in Grandola, Escultura in Redondo und Monumento ao Mineiro in Aljustrel.



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ADP Associação Defesa do Patrimonio, Beja: www.adpbeja.pt 
Beja merece +!
 
Fotograf André Boto: www.andreboto.com












Samstag, 11. November 2017

Bolotas - Eicheln





Bolotas: Eicheln schmecken fast so gut wie Maroni!


Wer jetzt im Oktober und November im Alentejo unterwegs ist, braucht nicht viel an Picknick mitzunehmen. Wir laufen durch die 'Montados', die hiesigen Eichenmischwälder, und müssen uns hin und wieder bücken, klauben uns ein paar glatte Eicheln oder vier oder fünf auf, beissen die Spitze ab um zu kosten, ob die Eichel zu bitter ist (eine solche läßt man liegen) und knabbern die milderen, nachdem wir sie geschält haben, wie eine "Nuß".
Gestern hab ich mit den Kindern Eicheln gesammelt und gegessen, nun, also jaja, die Kinder haben mehr gesammelt, und ich mehr gegessen ...

Wem die Bitterstoffe auch bei den milden hiesigen Sorten zu stark sind, der schäle die Eicheln und wässere sie wie Stockfisch in immer wieder frisch gewechseltem Wasser, bis das Wasser klar bleibt: danach kann die Nuß statt Kartoffeln mit in den Eintopf, oder sie wird getrocknet, um Eichelmehl daraus zu gewinnen. Im Museum von Barrancos habe ich eine alte Eichelmühle gesehen.



Man kann also durchaus mehr daraus machen, als den Erzählungen der deutschen Großmütter aus dem letzten Weltkrieg zu entnehmen ist, als Eicheln geröstet wurden, um einen Ersatzkaffee daraus zuzubereiten.

Gerüchte und Vorurteile sagen, Eicheln seien giftig. Nun, bei sehr gierigem Verzehr von hunderten Eicheln mag die Wirkung nicht so gesund sein. Aber gerade die Bitterstoffe halten uns ja vom übermäßigen Verzehr ab!
Die Eiche ist eben ein "heiliger Baum" aus uralten Zeiten, nicht weil die germanische Flagge auf ihm wächst, sondern, weil er Laub gibt als Matratzenfüllung, Holz zum Hüttenbau und eben die Eicheln als glutenfreies Nahrungsmittel mit pflanzlichen Proteinen.

Heute werden Eicheln gern indirekt, durch den Magen des hiesigen schwarzen Schweinchens gegessen: das Schwarze Schwein, Porco Preto, eine kleine dunkelgraue Schweinerasse aus dem Alentejo und der Estremadura Spaniens, wird zur Mast in lichte Steineichenwälder (Montados) getrieben. Montados gibt es nur noch in den Hügeln am Ende der Welt, auf der linken Seite des Guadiana, der Margem Esquerda, dort, wo das Land zu steil und zu unfruchtbar ist für den modernen intensiven Anbau.

Die kleine feine Marmeladenfabrik "Doces Candeias" in Vila Nova São Bento hat aus diesem uralten Nahrungsmittel einen wunderbaren modernen Brotaufstrich entwickelt: "Doce de Bolota", aus Eichelmehl köstlich verfeinert mit ein bißchen Kokos und einem Hauch Schokolade.



Reisen mit Marmello führen durch die Landschaft der Montados des Baixo Alentejo und wir besuchen gern auch diese Marmeladenmanufaktur!



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PS.: Wer Interesse an Eichelmehl und neuen wie alten Produkten aus Eicheln hat, kann sich an einen Bio-Hof im Landkreis Montemor-o-Novo (Mittlerer Alentejo) wenden, dessen hier abgebildete Paté de Bolota ist köstlich: herdadedofreixodomeio.com